3 Fragen an… Dr. Alexander Gerber
Dr. Alexander Gerber, Vorstand Demeter e.V.
1. 2024 feiert Demeter 100 Jahre biodynamische Landwirtschaft. Auch Sie persönlich begleitet das Thema bereits viele Jahre. Was treibt Sie an?
Ich habe als kleiner Junge in den Ferien einen kleinen Bauernhof erlebt, auf dem mit viel Leidenschaft und Liebe zu den Pflanzen und zu den Tieren Landwirtschaft betrieben wurde. Ich habe heute noch den Geruch der Futterrüben und des Heus in der Nase. Ich erinnere mich noch an das Gefühl, wie es war, wenn man morgens auf die Wiesen rausgefahren ist und das taufrische Gras gemäht hat. Als Jugendlicher war ich dann sechs Jahre in Kolumbien und habe danach für mich erkannt, dass die Landwirtschaft die Grundlage ist, um die Probleme auf unserer Welt zu lösen. Wir brauchen Ernährungssouveränität für alle Menschen auf dieser Erde, dann können auch alle für die Zukunft dieser Erde arbeiten. Und diese Landwirtschaft muss ökologisch und nachhaltig sein. Ich selber habe dann den Zugang zur biologisch-dynamischen Landwirtschaft gefunden, weil ich gesagt habe: wenn ökologisch, dann gleich ganz richtig.
2. Was waren aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen?
Die biologisch-dynamisch arbeitenden Landwirte mussten zunächst die Methode entwickeln. Sie mussten vieles ausprobieren.
Zusätzlich war es dann vor allen Dingen auch eine soziale Frage für die Betriebe, weil sie sich in den Dörfern gegen die konventionellen Kollegen ein Stück weit behaupten mussten. Sie wurden angefeindet, sie wurden ausgegrenzt. Aber sie standen mit einer starken Haltung und Überzeugung für das, was sie da taten. Und in der Zwischenzeit konnten sie viele Berufskollegen auch überzeugen. Die Idee hat also gezogen.
Die dritte Herausforderung war, dass die Produkte dann auch vermarktet werden mussten. In einem Markt, in dem es noch keine Nachfrage nach Bio-Produkten gab, musste diese Nachfrage geschaffen werden. Und das ist uns gut gelungen. Demeter ist heute die bekannteste Bio-Marke in Deutschland.
3. Wie hat sich die Branche in den letzten Jahren gewandelt?
Wir hatten im gesamten Ökolandbau einen starken Boom. Das heißt, Verbraucherinnen und Verbraucher wollen sich mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln und ethisch korrekt ernähren. Insofern ist es traurig, dass Verbraucher durch die Inflation und die steigenden Energiepreise angefangen haben, bei Lebensmitteln zu sparen. Wenn man genau hinguckt, sind sie aber von einem hochpreisigen Bio zu den Discounter- und zu den Handelsmarken des Lebensmitteleinzelhandels gewandert und gar nicht weg von Bio. Wir bei Demeter haben nur sehr geringe Absatzeinbußen gehabt. Das zeigt, dass wir eine hohe Kundenbindung haben.
Die Herausforderung wird jetzt sein, dass wir wieder Wind unter die Flügel bekommen. Letztendlich geht es um das, was auf den Äckern passiert. Wir wollen möglichst viel biodynamische und ökologische Landwirtschaft in der Fläche haben. Um das zu realisieren, wird die größte Herausforderung sein, dass wir zu neuen Wirtschaftsbeziehungen kommen. Diese müssen auf Langfristigkeit, auf Vertrauen und auf stabilen Beziehungen beruhen. Denn das trägt dazu bei, dass wir Bio dauerhaft mit Begeisterung nach vorne bringen können.