Der Preis ist heiß – aufgrund von Inflation, steigenden Energiepreisen etc. greifen immer mehr Kunden verstärkt zu preiswerteren Produkten bzw. Handelsmarken. Dieser Trend lässt sich auch im Naturkostfachhandel beobachten. Ist das sogenannte „True Cost Accounting “1, also die Ermittlung der wahren Preise, die Chance für den Bio-Fachhandel, Kunden zu binden und neue Kunden zu gewinnen?
Das Wissenschaftsteam forscht und lehrt an der Fakultät für Betriebswirtschaft an der Technischen Hochschule Nürnberg. Im Studiengang „Management in der Ökobranche“ werden jungen Menschen Kompetenzen für eine Transformation und Zukunftsfähigkeit des Ernährungssystems vermittelt. Als führende Expert*innen zum Thema True Cost Accounting ist das Wissenschaftsteam u.a. am EU-Projekt FOODCoST beteiligt. Das Projekt läuft bis 2026 und wurde bereits 2023 auf der BIOFACH mit dem Wahre Preise Supermarkt „Echt“ vorgestellt. Auch auf der BIOFACH 2024 wird das Forschungsteam das True Cost Accounting auf mehreren Veranstaltungen beleuchten.
Vor gut einem Jahr ist das EU FOODCoST Projekt gestartet. Können Sie mit uns erste Erkenntnisse teilen?
Ziel desFOODCoST Projektes ist eine Weiterentwicklung und europäische Vereinheitlichung des True Cost Accountings (TCA).
Die Durchführung der Penny „Wahre Preise“-Kampagne führte zu einer enormen Aufmerksamkeit auf das Thema im Jahr 2023. Hierzu werden erste wissenschaftliche Erkenntnisse u.a. auf der BIOFACH 2024 in Nürnberg vorgestellt. Auch spannende Forschungsergebnisse weiterer Case Studies (u.a. Studien im Bereich der Außer-Haus-Verpflegung) zu wahren Preisen werden im Jahr 2024 erwartet.
Aktuelle Marktpreise stimmen nicht mit den wahren Preisen überein. Wie würden sich konkret die Preise verändern – auch im Vergleich ökologisch erzeugt vs. konventionell?
Auf Basis der Methode Life Cycle Assessment (LCA), auch Ökobilanzierung oder Lebenszyklusanalyse genannt, ergeben sich wahre Preise für verschiedene ökologische Einflussfaktoren. Je nachdem, wie umweltschädlich Produktionsketten sind, werden höhere oder niedrigere Externalitäten2 verursacht. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass tierische Lebensmittel aufgrund ihrer längeren Prozessketten weit höhere Kosten verursachen als pflanzliche. Und: Die biologische Produktionsweise ist naturnäher als die konventionelle Landwirtschaft und verursacht deswegen im Durchschnitt weniger Kosten.
In unserer Veröffentlichung Michalke et al. (2023)3, die neben verschiedenen Produkten auch zwischen verschiedenen Produktionstypen unterscheidet, können wir sehen, dass sich der Erzeugerpreis von 1 kg Rindfleisch um 9,60€ bis 11,49€ erhöhen müsste, während 1 kg Milch externe Kosten von 0,72€ bis 0,84€ verursacht. Im Vergleich dazu: 1 kg grüne Bohnen verursachen Kosten von nur 9 bis 34 Cent. Dies wären nur die externen Kosten bis zum Hoftor, d.h. die Kosten, die während Verarbeitung und Transport in nachgelagerten Schritten verursacht werden, würden noch hinzukommen.