Geschlechtergerechtigkeit als Treiber für einen nachhaltigen Wandel
12.10.2023

Geschlechtergerechtigkeit als Treiber für einen nachhaltigen Wandel

Bio-Landwirtin Laura Kulow und Farm-to-Table-Initiatorin Alice Waters sind Beispiele dafür, welchen Einfluss Frauen auf die nachhaltige Transformation des Ernährungssystems haben können.

 Eine Frau und ein Mann schütteln die Hände, im Hintergrund ist ein Acker zu sehen.

Der BIOFACH Kongress beleuchtet auf der Messe im Februar 2024 die Rolle von Frauen im Lebensmittelsektor für eine nachhaltigere Ernährungszukunft. Bio-Landwirtin Laura Kulow und Farm-to-Table-Initiatorin Alice Waters sind Leuchtturmbeispiele, die zeigen, welchen Einfluss Frauen auf die nachhaltige Transformation des Ernährungssystems haben können.

Der Kongressschwerpunkt der BIOFACH 2024 legt den Fokus auf die transformative Kraft von Frauen im Lebensmittelsektor und ihre Rolle für eine nachhaltigere Zukunft des Ernährungssystems. Mit dieser Wahl gehen der Internationale Schirmherr IFOAM – Organics International und der nationale ideelle Träger Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) neue Wege. Einen Weg für mehr Geschlechtergerechtigkeit. Einen Weg, die Leistung der Frauen in dieser, dem Anschein nach männerdominierten Branche, aufzuzeigen. „Wir sehen immer mehr Frauen, die strategische, ganzheitliche, wirtschaftliche Lösungen entlang der ökologischen Wertschöpfungskette entwickeln“, sagt Tina Andres, Vorstandsvorsitzende des Bio-Spitzenverbands BÖLW. „Diese Frauen verändern die Zukunft von Ernährung und Landwirtschaft nachhaltig.“ Durch die Wahl des Kongressschwerpunkts sollen sie sichtbar gemacht werden.

 

Bio reicht ihr nicht – Kulow will noch Planeten-gesünder wirtschaften

Laura Kulow betreibt einen 500 ha großen landwirtschaftlichen Bio-Getreidebetrieb in Sachsen-Anhalt. Gemeinsam mit neun anderen Betrieben gehört sie zu den Pionieren, die mit der Bohlsener Mühle die Regionalwert-Leistungsrechnung durchgeführt haben. Dabei wird der monetäre Wert der sozialen, ökologischen und regional-ökonomischen Gemeinwohlleistungen von Landwirtinnen und Landwirten berechnet. Kulow ist überzeugt: „Durch die Berechnung wird unsere Leistung für eine nachhaltigere Landwirtschaft sichtbar gemacht. Das ermöglicht mehr Wertschätzung und vor allem auch eine kontinuierliche Verbesserung.“ So ist sie eine der ersten, die aus den Ergebnissen konkrete Schlüsse zog und jetzt die Neuanlage eines Agroforsts plant, um ihre Leistung im Bereich „Schaffung von Lebensräumen“ nachhaltig zu verbessern.

 

Alice Waters‘ Philosophie als Inspiration für eine ganze Bewegung

Alice Waters war eine der ersten Köchinnen, die die Bedeutung von saisonalen, lokal und ökologisch angebauten Lebensmitteln in den Vordergrund rückte. Anfang der 70er Jahre gründete sie das Restaurant „Chez Panisse“ in Berkeley, Kalifornien, das als eines der ersten Farm-to-Table-Restaurants in den USA gilt. Heute wird sie als Aktivistin und Begründerin der weit verbreiteten Bewegung gefeiert. „Mir wurde klar, dass die Menschen, die sich um das Land kümmern, wertvoll sind und für die harte Arbeit, die sie leisten, bezahlt werden müssen. Ich dachte nicht, dass das radikal sei“, betont Waters. „Für mich war das ganz natürlich: Wir kümmern uns um das Land; wir feiern die Ernte; wir verwenden saisonale, lokale Zutaten, um gemeinsam zu kochen; und wir setzen uns an den Tisch, um zu essen.“1 Ihre Philosophie hat viele Menschen dazu inspiriert, sich bewusster zu ernähren und die Qualität von Lebensmitteln zu schätzen.

 

Echte Nachhaltigkeit geht nur mit Geschlechtergerechtigkeit

Der Kongressschwerpunkt dient jedoch nicht nur dazu, Positiv-Beispiele zu beleuchten. Die Zahlen zeigen, dass es im Bereich Geschlechtergerechtigkeit noch viel zu tun gibt. In den OECD-Ländern dominieren bis heute männliche Besitzer von landwirtschaftlichen Betrieben den Agrarsektor.2 Dabei kann sich die Förderung der Geschlechtergleichstellung positiv auf die dreifache Herausforderung der Lebensmittelsysteme auswirken: Ernährungssicherheit für eine wachsende Bevölkerung gewährleisten; den Lebensunterhalt von Millionen von Menschen sichern, die in der Lebensmittelversorgung tätig sind; und dies auf ökologisch nachhaltige Weise tun.2 „Es geht bei dem Kongressschwerpunkt konkret darum, zu einem Perspektivwechsel einzuladen. Die Branche zeigt mit dem Thema auf, welche Kraft Geschlechtergerechtigkeit für eine nachhaltige Zukunft dieses Planeten hat“, erklärt Steffen Waris, Veranstaltungsleiter BIOFACH und VIVANESS. „Frauen sind dabei eine treibende Kraft und im Sinne der Geschlechtergleichheit, die gleichzeitig eines der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen darstellt (SDG No. 5), gilt es für uns alle Diversität, Inklusion und Gerechtigkeit geschlechterübergreifend und gemeinsam zu schaffen!“

 

Frauen der Bio-Branche im Fokus

Neben den Zitatgeberinnen zeigen starke Persönlichkeiten wie Katharina Reuter (Geschäftsführerin des Bundesverbands Nachhaltige Wirtschaft), Heike van Braak (Chefredakteurin des Fachmagazins BIOwelt), Pippa Hackett (Bio-Bäuerin und Irlands Ministerin für Landnutzung und Biodiversität) oder auch Sylvia Kuria (kenianische Bio-Bäuerin, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, anderen Landwirten die biologische Anbauweise näherzubringen), wie viele Frauen schon heute die Bio-Branche und den gesamten Lebensmittelsektor bewegen. Akteurinnen wie diesen und weiteren Vorbildern möchte die BIOFACH mit ihrem Kongressschwerpunkt in diesem Jahr eine größere Bühne geben.

Quellenangaben:

[1] Beard, A. (2017, May). Life’s Work: An Interview with Alice Waters. Harvard Business Review. https://hbr.org/2017/05/alice-waters

[2] Giner, C., Hobeika, M. & Fischetti, C. (2022) Gender and food systems: Overcoming evidence gaps. OECD Food, Agriculture and Fisheries Papers, No. 184, OECD Publishing, Paris, https://doi.org/10.1787/355ba4ee-en

 

Autor

Anna Frede

Anna Frede

Junior PR-Beraterin | modem conclusa gmbh